Interdisziplinäre Behandlung gewünscht – PCOS Podcast

Interdisziplinäre Behandlung gewünscht – PCOS Podcast

Am Ende des Artikels findet ihr einen LINK zum podcast ” Superhelden ohne Cape”  der der fast unaussprechlichen Erkrankung “Polyzystisches Ovarialsyndrom eine Stimme verleiht. Die junge Frau spricht offen über Diagnose, Symptome, Kinderwunsch, Belastung. Und darüber, wie wichtig die eigene Einstellung ist. Interdisziplinäre Ansätze könnten eine Lösung sein.

Hier drückt der Schuh von an PCOS erkrankten Frauen

Schaut man sich die Datenlage aus PCOS Patientinnen-Chats im Internet an (Auswertung 2021), dann wird deutlich, wo bei den betroffenen Frauen der Schuh drückt.

  1. Haare. Am Kopf fallen sie aus, am Körper und im Gesucht wachsen sie. Da sich ein grosser Teil im sichtbaren Bereich abspielt, werden die Frauen bei jedem Blick in den Spiegel, im Schaufenster oder bei der Anprobe von Kleidung, im Schwimmbad etc. mit ihrer Erkrankung konfrontiert.
  2. Gewichtszunahme. Es gibt so einen Moment im Leben dieser Frauen, da scheint es, als ob ein Schalter umgelegt wird. Denn das Gewicht steigt schnell und fast unbremsbar. Und dies begleitet von Fettansammlungen an Bauch, Gesäss und Oberschenkeln. Zudem verändern sich auch die Brüste PCOS-typisch. Sie werden schwer und sind hinderlich bei der Ausübung von Sport. Spezielle BHs sind nötig.
  3. Unerfüllter Kinderwunsch. Frauen mit polyzystischen Ovarien haben meist keinen Einsprung oder einen, der unregelmässig erfolgt.
  4. Schwangerschaft: Ausserdem kann die Abortrate erhöht sein. Des Weiteren kommen mit dem Übergewicht Probleme für Mutter und Ungeborenes dazu.

Weitere Symptome, wie Akne, psychische Probleme, Müdigkeit etc. scheinen vergleichsweise nachrangig zu sein, weil sich die Frauen damit arrangieren können. Gemütszustand ist innerlich, Krämpfe sind innerlich, unregelmässige Zyklen innerlich… Aber Haare, Übergewicht, Kinderlosigkeit – das sind Faktoren, da stehen die Frauen auf der Bühne des Lebens. Mitten im Scheinwerferlicht.

Frau werden – Frau sein und die ärztliche Betreuung in den Lebensabschnitten

Zu jedem Abschnitt im Leben der jungen Frauen gehört ärztliche Betreuung. Im Teenageralter sind es meist Allgemeinärzte, Dermatologen, Gynäkologen. Im späteren Verlauf Endokrinolog:inen, Ernährungsberater, Psychologen, Kinderwunschkliniken. Je nach Neigung spielen Homöopathen, Osteopathen, Alternativmediziner eine Rolle. Und je nach begleitenden Erkrankungen Diabetologen, Herz-Kreislauf-Experten, Orthopäden oder bariatrische Chirurgen.

Warum nicht alle unter einem Hut  – Interdisziplinäre medizinische Versorgung

Am Anfang sollte die Diagnostik stehen. Mit dieser kann eine gesicherte Diagnose – so früh wie möglich – gestellt werden. Interdisziplinär bedeutet schon, dass PCOS-Patientinnen mehrere Ärzt:innen benötigen. Aber es sollte nicht bedeuten, dass die Patientin jedesmal ihre Geschichte erzählen muss, und sie auf Ärzt:innen mit unterschiedlicher Einstellung zu PCOS trifft.

Nehmen wir meine Fallstudienklientin. Ihr Sportarzt stellte bereits früh einen erhöhten BMI im Vergleich zu anderen Mädchen ihres Alters fest. Der Hausarzt sagte, das verwachse sich. Ihr Gynäkologe sah, als sie 17 war, bereits das PCOS plus die Veränderungen durch die hohen Testosteronwerte, schwieg aber.

Von einer ärztlichen Fachperson zur nächsten

Im Hinterkopf die Rotterdam Kriterien war es für diesen Arzt klar. Nicht jedoch für die Patientin, die er uninformiert liess. Zwei Jahre später eine ungebremste Gewichtszunahme. Der Gynäkologe überweist zur Ernährungsberatung. Mehr nicht. Die Akne verstärkt sich. Die Patientin kann deshalb kaum noch sitzen wegen der entzündeten Stellen am Gesäss. Es gibt eine Überweisung zum Dermatologen. Der Dermatologe kann es sich nicht erklären. Und verschreibt eine Creme. Hätte er gewusst, was der Gynäkologe bereits wusste, hätte die Behandlung eventuell anders ausgesehen. Die Patientin hätte sich vielleicht auch sicherer gefühlt. Interdisziplinäre Betreuung kann Patienten und Arzt helfen und dafür sorgen, dass Krankenkassen durch Fehlmedikation (wie in diesem Fall geschehen) entlastet werden.

Wenn die Patientin mehr weiss als die/der behandelnde Ärztin/Arzt

Ebenso wäre in dieser Konstellation sicher eine Blutuntersuchung durchgeführt worden, die Aufschluss gegeben hätte. Oder die für eine Ausschlussdiagnose gereicht hätte. Deshalb hat sich die Patientin selbst  Informationen zusammengesucht. Dann ihrem Arzt den Vorschlag unterbreitet, doch auch die Hormone zusätzlich zum grossen Blutbild untersuchen zu lassen. Mit dem Ergebnis, dass der Arzt beleidigt  tat, weil sich die Patientin anmasste seine Kompetenz infrage zu stellen.

Interdisziplinäre Ansätze

Interdisziplinär könnten auch Weiterbildungen für Ärzte durchgeführt werden, um mehr Bewusstsein für komplexe Krankheitsbilder zu schaffen. Und so den richtigen Umgang mit Erkrankung und Patient lernen. Denn PCOS ist mehr als eine hormonelle Erkrankung. Ist mehr als eine Stoffwechselerkrankung. Und mehr als ” Frauensache”. Oder mehr als Ernährungsberatung,  kosmetische Haarentfernung und Pickelbekämpfung. PCOS ist eine lebenslange Begleitung mit immer wieder sich ändernden hormonellen Bedingungen. Keiner kennt bisher die Ursache. Und das macht eine Behandlung so schwierig. Im interdisziplinären Kontext könnte es für alle Beteiligten einfacher werden.

Nun lade ich euch ein, in den Mut machenden podcast  aus der Sicht einer Patientin reinzuhören.

Kontakt

(Deborah auf IG: pcos_myjourney; superheldenohnecape@yahoo.com; IG: superheldenohnecape

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