Emotionen und Essen “Jetzt brauche ich unbedingt…”

Emotionen und Essen “Jetzt brauche ich unbedingt…”

etwas Süsse, etwas Salziges, etwas Alkoholisches, etwas zum Knabbern, etwas Weiches, etwas Fruchtiges … Ernährung ist Nährstoffaufnahme, Essen ist Genuss. Und Naschen? Emotionen?

Emotionen – eine besondere Kraftquelle

Obwohl ich wirklich sehr diszipliniert lebe – sagt jedenfalls mein Umfeld – geht es manchmal richtig mit mir durch und eine Tüte Chips, Lakritze oder Schokolade sind im Nu weggeputzt. Jetzt brauche ich unbedingt… geht einher mit Unruhe, Kribbeln. Emotionen können ungeheuer stark sein und logisches Denken und vernünftiges Handeln beeinflussen.

Ich als Versuchskaninchen

Ich habe mich, seit ich die Ausbildung zur Ernährungsberaterin mache, als quasi Versuchskaninchen selbst unter Kontrolle gestellt. Und ich habe mich beobachtet. Die Nachricht, dass ich als Auslandsösterreicherin in COVID-19 Zeiten nicht mehr so ohne weiteres von der Schweiz nach Österreich einreisen kann, um das Wochenende mit meinem Mann zu verbringen, hat mir so richtig “den Magen” zugeschnürt. Die Freude auf´s Frühstück war wie weggeblasen.

Fragen, wie: Muss ich mich jetzt jedes Mal testen lassen? Extra zu solchen Testzentren fahren? Anstehen, warten und wieder auf´s Ergebnis warten, kriege ich den Zug jetzt noch? Eventuell die zeitlich eng getaktete Reisezeit verkürzen müssen, dass sich eigentlich ein Besuch gar nicht mehr lohnt?  Derlei Gedanken schossen mir nach der Vorankündigung durch den Kopf. Emotionen, die belasten.

Den Appetit genommen

Allein die Erwartung, dass mein Leben komplizierter werden könnte, hat schon ausgereicht, mir den Appetit zu nehmen. Das ist eine emotionale Erfahrung. Eine andere hatte sich gleich darauf angeschlossen.

Heisshunger, weil aufgedreht

Auf eine Bewerbung hat sich eine Personalerin gemeldet und mir mitgeteilt, dass ich in der engeren Wahl für einen Job bin, man aber noch mehr von mir wissen möchte. Dieses anstrengende und begeisternde Gespräch, hat meine Endorphine zum Hüpfen gebracht. Und hat nach Ende des Gesprächs einen echten Heisshunger auf irgendetwas in mir entfacht. Die freudige Erwartung auf etwas Gewünschtes oder Schönes hat mir ebenso wie das vorherige Energie genommen. Im freudigen Fall jedoch hat es dazu geführt, dass ich mir ein Brot mit Marmelade geschmiert und wonnevoll verschlungen habe.

Emotionen und Essen

Emotionen und Essen sind eng miteinander verknüpft und individuell. Stress – egal ob positiver oder negativer – löst eine Reaktion im Gehirn aus. Es gibt Menschen, die aus Frust essen oder aus Freude und es gibt die, die bei Freude nichts essen und bei Frust erst recht nichts. Daher gibt es kein Rezept, wie man sich in dem einen oder anderen Fall verhalten soll.

Kampf dem Stress

Gerade meine übergewichtigen KlientInnen, die abnehmen wollen, haben richtig zu kämpfen, wenn zusätzlich zum “Abnehmstress” und es ist Stress, egal wie sanft man versucht, dass die Fettzellen ihre Energie freigeben, auch noch anderer emotionaler Stress hinzukommt. Die Vernunft wird ganz schnell ausgehebelt. Und dann heisst es: Das brauche ich jetzt… dann  geht´s mir wieder gut… bis das schlechte Gewissen zuschlägt und eine weitere Form des Stresses erzeugt. Oder die Waage am nächsten Morgen erbarmungslos deutlich macht – das gestern, das war gar nicht gut.  Doch es gibt Tricks mit denen man sich selber austricksen kann…

Karotten, Äpfel, Gewürzgurken etc.

Meist schäle ich mir in angespannten Situationen eine Karotte oder einen Apfel. Aber in ganz extremen oder überraschenden Momenten, muss es Schokolade, Pudding oder ein heisser, süsser Kakao sein. Das ist meist in den Morgenstunden der Fall, wohingegen gegen Abend ein Heisshungergefühl nach salzigen Nüssen oder ja, ich oute mich als Lakritzkonsumentin, eine Tüte dieses schwarzen, klebrigen Zeugs sein muss. Glücklicherweise habe ich selten von all dem – bis auf Kakaopulver, Milch und Zuckerersatzstoff – im Haus, so dass die Gelüste von selbst wieder vergehen müssen.

Das Ding mit dem schlechten Gewissen

Aber wenn… ja, Hand aufs Herz, dann wird das ratzeputz vertilgt. Früher immer, jetzt mit dem Alter seltener, stellt sich kurz danach das schlechte Gewissen ein. Gerade ich sollte ja wissen, dass das ganz und gar nicht gut war – und dann ziehe ich die Joggingschuhe an und laufe eine Stunde durch den Wald. Uff – schlechtes Gewissen besiegt, Kalorienüberschuss abgebaut – jedenfalls so halbwegs.

Es kaut und schlürft sich gut

Ich habe meinen Mann gefragt, als er zwischendrin mal eben in die Nussmischung griff. Der sagt, wenn er ein bis zwei Stunden Videocall hinter sich hat – was ja derzeit mit Homeoffice und Corona keine Seltenheit ist, dann fühlt er sich so geschlaucht, dass er danach unbedingt etwas essen oder sich einen Kaffee machen muss. Also irgendetwas, um sich abzulenken oder das Gehörte oder die übertragenen Aufgaben zu überdenken. Dabei schlürft und kaut es sich gut und es kommt vielleicht sogar eine gute Idee dabei heraus. Sicher ist, über den Tag wird vielmehr gegessen und auch sehr häufig, ohne dass zwischen Büro und Kühlschrank 5 km liegen und Nüsse und Kekse erst erbeutet werden müssten.

Hunger ist es jedenfalls nicht

Er sagt, er habe einen Japp. Das Gefühl etwas zu holen und zu kauen gebe ihm etwas. Aber was? Eine Form von Pause, abschalten, Distanz zwischen dem Gehörten, Gesagten, Erlebten einziehen.  Zufriedenheit, Belohnung und die Gelegenheit, weil was da ist. Es ist auch Ablenkung. Ganz sicher, sagt er, Hunger ist es nicht.

Also brauchts das Zwischendurch gar nicht

Wer seine drei Mahlzeiten pro Tag zu sich nimmt, braucht eigentlich nichts zwischendurch. Wer den ganzen Tag im Homeoffice zubringt, hat zudem einen geringeren Energieverbrauch, als wenn man erst den Weg zur Arbeit, in die Kantine, den Pausenraum etc. und den Weg zurück nach Hause macht. Daher müsste der Mensch mit viel weniger auskommen, als er tatsächlich zu sich nimmt. Aber essen ist manchmal auch eine Form des Zeitvertreibs.

Bewusst machen

Sich gegen seine Emotionen zu stellen kostet Kraft und letztlich erhöht sich dabei der Frustfaktor sogar noch. Daher ist es besser das Emotionale in den Lebensstil mit einzubauen, sich bewusst zu machen, was da gerade mit einem passiert. Und entscheiden, ob man dem Gelüst wirklich nachgeben muss oder ob es etwas anderes auch tut. Wir Menschen können uns konditionieren. Statt der Schokolade oder dem Törtchen oder der Tüte Chips einmal um den Block marschieren. Oder im Homeoffice mal kurz vor die Türe gehen und eine Portion frische Luft schnappen, einen Chat starten und sich ablenken.

Teilt gern eure Erfahrungen mit uns und vielleicht kann man sein Repertoire erweitern – ohne zusätzliche Kalorien und ohne schlechtes Gewissen.

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